Ein Interview mit Engin Noyan

Der türkische Autor Münib Engin Noyan war früher Musiker und im türkischen Fernsehen tätig. Aus einem links-säkularen Hintergrund kommend, fand er durch die Begegnung mit dem Qur’an zurück zum Islam. In den letzten Jahren ist er als Autor und Redner in der Türkei und auch in Europa zunehmend bekannt geworden.

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Herr Noyan, können Sie sich bitte unseren Lesern kurz vorstellen?

Mein eigentlicher Beruf ist Theaterwissenschaftler. 1953 bin ich in Istanbul zur Welt gekommen. Ich habe eine deutsche Schule in Istanbul besucht und später in Wien studiert. Ich habe eine deutsche Großmutter und komme aus einer mehr oder weniger kosmopolitischen Familie, falls man das so sagen kann. Nach meinem Studium in Wien war ich in der Türkei für eine Zeit lang als Regisseur und Dramaturg an den städtischen Theatern tätig. Anschließend habe ich diverse Fernsehprogramme und Dokumentarfilme für das türkische Fernsehen produziert. Später war ich für ein paar Jahre in der Werbebranche tätig. Dann habe ich mich mit der Musik beschäftigt und wurde zu einem sehr populären Musiker in der Türkei. Später habe erneut für das türkische Fernsehen Fernsehprogramme gemacht und wechselte gänzlich zum Fernsehen über. Dann habe ich begonnen Bücher zu schreiben und bin nun als Schriftsteller tätig, mache Radioprogramme und halte Vorträge und Vorlesungen über den Qur’an und den Islam. Inzwischen haben wir in Istanbul auch eine kleine Gemeinschaft gegründet und versuchen von dort aus internationale Beziehungen zwischen Muslimen herzustellen. Wir haben auch ein Mohammed Asad Zentrum für Islamische Forschung gegründet, woran ich mitwirke und womit ich auch zurzeit beschäftigt bin.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Türkei seit der Regierung von Erdoğan?

Es sind auf jeden Fall Besserung zu erkennen. Ich würde hier von einem „Aufatmen“ der Türkei sprechen, wenn man dies so sagen darf. Endlich hat sich die Beziehung zwischen Staat und dem einfachen Menschen auf der Straße, also den Mitbürgern, normalisiert. Dies spiegelt sich zum Beispiel auch im türkischen Staatsfernsehen, TRT, wider. So wurde zum Beispiel dieses Jahr, also 1425, im Monat Ramadan zum ersten Mal ein umfangreiches Ramadanprogramm ausgestrahlt und die Menschen haben zum ersten Mal Freude am Staatsfernsehen gehabt. Sie haben sich gefreut und waren glücklich darüber. Die Menschen fühlen sich wieder wohl und sind zufrieden mit der derzeitigen Situation in ihrer Heimat. Die Beziehungen haben sich wieder normalisiert. Ich glaube das ist ein sehr guter Werdegang. Die türkischen Muslime in Europa zum Beispiel fühlen sich einem starken Druck ausgesetzt, und wenn dieser Druck weg ist, dann normalisieren sich die Beziehungen. Es geht nicht darum, dass sich die Beziehungen radikalisieren, sondern dass sie sich normalisieren. Und dies ist der Fall; wenn der Mensch seine Religion ausleben kann und wie ein Muslim leben kann, dann gibt es auch keine Probleme. Die Probleme fangen erst dann an, wenn der Mensch seine Religion nicht ausleben kann. In dieser Hinsicht befindet sich die Türkei in einer sehr positiven Entwicklungsphase. Ich möchte ausdrücklich erwähnen, dass ich nicht politisch engagiert bin und keine Werbung für Tayyip Erdoğan mache, trotz unserer freundschaftlichen Beziehung. Meine Aussagen sind als Aussagen eines einfachen muslimischen Bürgers, die er über sein eigenes Land macht, zu verstehen.

Gibt es eine neue Bewegung gerade junger Türken zurück zum Islam?

Ja, ich würde es jedoch als einen Trend zurück zum Qur’an bezeichnen. Denn der Qur’an ist der Islam. Seit einigen Jahren kann ich bei den jungen Menschen in der Türkei beobachten, dass sie aus Originalquellen und nicht durch dritte Personen sich über den Islam belehren. Die jungen Menschen lesen den Qur’an und möchten eine ganz persönliche Beziehung mit dem Qur’an aufnehmen, ihn verstehen und Antworten auf die Fragen: „Was bin ich überhaupt? Was habe ich zu tun und wie lebe ich?“. Dies ist eine sehr positive Entwicklung, die ich seit etwa drei Jahren beobachte.

Wie sehen Ihre eigenen Zukunftspläne aus?

Das weiß ich nicht. Nur Allah ta’ala weiß dies. Mein größter Plan ist, dass ich jeden Menschen, ob Muslim oder nicht, mit dem Qur’an bekannt machen möchte. Ich glaube, dass jeder Mensch eine Aufklärung, eine Aufhellung, so wie der Qur’an sich auch selbst bezeichnet, mit dem Qur’an erleben wird. Und ich glaube, dass es unsere Pflicht als Muslime ist, Menschen mit dem Qur’an zusammenzubringen. Damit sie die Möglichkeit haben sich persönlich mit diesem Buch auseinanderzusetzen und folglich entweder „Ja, ich akzeptiere es“ oder „Nein.“ sagen können.

Der Qur’an sagt dies nämlich selber: „Ob ihr ihn wollt oder nicht, das ist eure Sache, aber lest ihn erst einmal. Seht was die Wahrheit ist.“ Dieses Ziel habe ich mir für mein ganzes Leben vorgenommen. Ich versuche in jeder Lebenssituation die Menschen mit dem Qur’an in Kontakt zu bringen. Das reicht. Denn dann kann er sein eigenes Verständnis aufbauen.

Was war der Auslöser für die Entwicklung Ihres islamischen Bewusstseins?

Ich war vorher ein linker säkularer Intellektueller. Ich habe auch bei den türkischen Linken sehr viel gemacht. Die Änderung meines Bewusstseins entstand folgendermaßen: Ich konnte mit schwankenden und sich ständig ändernden Wertmaßstäben nichts mehr anfangen. Wenn ich zu Hause ein ordentlicher Mensch bin, nach meinen Wertmaßstäben oder auch als Linker ein ordentlicher Mensch bin, und wenn ich in einer islamischen Gesellschaft, obwohl ich fest daran glaube ein ordentlicher Mensch zu sein, eigentlich kein ordentlicher Mensch mehr bin, dass in unserem Land eine Höflichkeit existiert, die in anderen Ländern als Unhöflichkeit gilt. Wenn ich mir blöd vorkomme, wenn sich plötzlich die Welt verändert. Der Che Guevara war für mich ein „Hero“. Die Berliner Mauer, die hat mal was bedeutet und jetzt ist die Mauer nicht mehr da und der Guevara ist nicht mehr da. Die Sowjetunion gibt es nicht mehr. Was ist das? Das ändert sich alles viel zu schnell. Wozu sterbe ich und wozu lebe ich? Wir brauchen handfeste Maßstäbe, die sich im Laufe der Zeit nicht ändern. Damit man sich am Ende nicht wie ein Idiot vorkommt. Wo man weiß, dass man nach diesen Maßstäben entweder als guter Muslim oder als schlechter Muslim bewertet wird. Aber im Endeffekt waren die Maßstäbe, für die man sich eingesetzt hat, solche die immer bestehen werden. Es wird keiner sagen: „Der Opa war ja echt blöd und hat sich für einen Blödsinn umbringen lassen.“ Und dieser Gedanke hat mich dazu gebracht, dass ich nach festen Grundsätzen und ordentlichen Maßstäben gesucht habe. Die ganze Geschichte der Philosophie und die Religionsgeschichte dient letztendlich dem ein und dem selben Zweck, nämlich dass der Mensch nach den Maßstäben einer Wahrheit sucht. Und in dieser Reihe steht auch der Qur’an. Der Qur’an behauptet nämlich von sich selbst auch, dass er der Maßstab für die Wahrheit ist. Das ist eine Behauptung, eine zunächst überprüfbare Behauptung. Und diese Haltung habe ich auch überprüft, so wie ich auch andere überprüft habe. Für mich war der Qur’an hieb- und stichfest. Ich bin nicht durch eine mystische Erfahrung zum Qur’an gekommen, sondern schlicht und einfach durch das lesen und verstehen. Der Qur’an hat mir offen und klar die Wahrheit gesagt und ich habe versucht ihn zu verstehen. Dies hat etwa 15 Jahre lang gedauert.

Was für einen Ratschlag können Sie muslimischen Jugendlichen geben?

Ich kann und werde immer nur einen Tipp geben, nämlich eine kontinuierliche, sehr persönliche, sehr dynamische und sehr aktive Beziehung mit dem Qur’an aufzunehmen. Der Qur’an beschreibt sich als einen Wegweiser und als ein praktisches Buch, der uns dabei hilft, unsere Seele, unseren Geist und unseren Intellekt und auch unser praktisches Leben aufzubauen und zu gestalten und uns immer wieder in Reihe und Glied zu halten. Es ist wie ein Programm auf dem Computer, von dem immer wieder ein „Update“ gemacht wird. Der Qur’an macht unser „Update“. Die einzige Möglichkeit, dass der Qur’an unser „Update“ macht und uns intellektuell frisch hält und aktiv hält, ist durch eine kontinuierliche, systematische, aktive und dynamische und ganz persönliche Beziehung mit dem Qur’an. Das würde ich den jungen Muslimen empfehlen. Natürlich darf man nicht vergessen, dass der Qur’an letztendlich in die Praxis umgesetzt werden muss. Dazu haben wir auch ein Modell, nicht zwei Modelle. Das Modell ist gut, es hat immer funktioniert, denn es ist unser Prophet, Allahs Segen und Friede auf ihm. Ihn und seine Gefährten muss man gut kennen. Mohammed Asad hat zum Beispiel gesagt: „Es gibt zwei Achsen um die sich die Sterne des Islam sich drehen. Die erste Achse ist der Qur’an und der Prophet und die zweite Achse ist unser Prophet und seine Gefährten.“ Wenn wir diese beiden Achsen gut kennen, dann haben wir einen plausiblen, verständlichen und im praktischen Leben anwendbaren und uns entwickelnden Islam.

Sehr geehrter Herr Noyan, wir bedanken uns für das Interview.

Seine türkischsprachige Homepage: http://www.enginnoyan.com/v1/default.asp

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Eine Antwort zu “Ein Interview mit Engin Noyan

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